14. Greifswalder Workshop - 23. bis 25. Februar 2015

Lehrstuhl für Altes Testament

Zum nun schon vierzehnten Mal laden wir herzlich zum Greifswalder Workshop und damit zur vertieften Arbeit an biblischen Texten, zum regen Austausch über methodenspezifische Gesichtspunkte, den Greifswalder Ansatz der text- und kommunikationspragmatischen Exegese sowie einer Lesehermeneutik der Behut-samkeit. Im Workshop geht es um grundsätzliche Fragen zur Texttheorie, aber auch um Probleme der Textempirie, der Erfassung, Darstellung und Auswertung text-empirischer Beobachtungen, die an praktischen Beispielen erörtert werden.

Der Greifswalder Workshop widmet sich in diesem Jahr dem Jonabuch.


Walter Bührer: Wayyiqtol als Plusquamperfekt? Anmerkungen zu den sog. Nachholungen im Jona-Buch und anderen fraglichen Stellen

In der Einheit soll die szenische Gliederung des Jona-Buches schwerpunktmäßig ausgehend von der Verbalsyntax untersucht werden.
Dabei sind die sog. „Nachholungen“ von besonderem Interesse (nach H.W. Wolff besonders 1,5b.10b; 2,1; 3,6f.; 4,5) und damit zusammenhängend die Frage, ob Vorzeitigkeit allein durch wayyiqtol / Waw-Imperfect zum Ausdruck gebracht werden kann. Dies soll auch an einigen anderen alttestamentliche Texten untersucht werden.

Als knapper Einstieg in die Frage empfiehlt sich:
H.W. Wolff, Studien zum Jonabuch, Neukirchen-Vluyn, 2. Aufl. 1975, 40-48.
Wegweisend:
N. Lohfink, Jona ging zur Stadt hinaus (Jon 4,5), in: BZ.NF 5, 1961, 185-203.

Göran Eidevall: Jonah among the prophets

The aim of this paper is to contribute to the exploration of the intertextual ramifications of the book of Jonah. It uses the method of intertextual investigation in order to throw light on the prophetic ideal(s), the Prophetenbild(er) conveyed, or implied, by the book. In relation to previous research, which has centered on relations between Jonah and other books within the Twelve (and the relation to the Gnadenformel in Exod 34:6), the scope is wider, since I include pertinent parallels from the entire Hebrew Bible. I look forward to this opportunity to discuss the possibilities and pitfalls of such a methodological approach.

Literatur:
1. Two contributions in: Albertz/Nogalski/Wöhrle (eds.), Perspectives on the Formation of the Book of the Twelve, BZAW 433; de Gruyter 2012: pp. 3-20, J. Wöhrle, “So Many Cross-References! Methodological Reflections on the Problem of Intertextual Relationships and their Significance for Redaction Critical Analysis” and pp. 109-28, A. Schart, “The Jonah-Narrative within the Book of the Twelve”
2. Two contributions in C. Clivaz et al. (eds.), Écritures et réécritures, BETL CCXLVIII, Peeters 2012: pp. 137-56 J.-P. Sonnet, “Jonas est-il parmi les Prophètes? Une réécriture narrative sur les attributs divins” and pp. 169-83 A. Pénicaud, “Jonas: un anti-manuel de prophétisme?”.

Bernd Sander: Transzendentale Gravitationen oder: Jona 2.9 und die Reise ins Nichts

Inmitten der extensiven Psalmzitationen des Jonapsalms erscheint Jona 2.9 als Kuriosum, da er sich trotz des masoretischen links (Mm 3248) weder textlich noch inhaltlich hinreichend aus dem allein zur Verfügung stehenden Ps 31.7 begründet und zudem als abstrakte Lebenseinsicht im Gedankengang des Jonapsalmes irritierend positioniert erscheint. Was Wunder, wenn der Friedhof der exegetischen Versuche an diesem Vers voll der ausgebissenen Zähne der reckenhaften Ausleger ist! Sollte aber unter Bezugnahme auf 4Q82 nicht das stereotype chasdam, sondern das orthographisch keineswegs unwahrscheinlichere chasdi zu lesen sein, würde sich hieraus nicht nur ein weiterer, vergessener Beleg für einen vormasoretischen Tiqun-ha-Sofrim analog zu Sacharja 2.12, sondern darüber hinaus ein bzw. das Paradigma der successiven Erweiterung der Jona-Überlieferung nahelegen und somit weit über die engen Grenzen von Jona Kapitel 2 hinausweisen.

Texte: DJD XV, 310-311 (Plate LIX Fragment 84)
database zu Fragment 84:
http://www.deadseascrolls.org.il/explore-the-archive/image/B-367876
http://www.deadseascrolls.org.il/explore-the-archive/image/B-367877

Anselm Steiger: Der Prophet Jona in der lutherischen Theologie des 16. und 17. Jahrhunderts

Der ‚kleine’ Prophet Jona erfreute sich nicht nur bei Martin Luther, sondern auch bei den lutherischen Theologen des 16. und 17. Jahrhunderts außerordentlich großer Beliebtheit, wie die wahre Flut an Kommentaren, Predigtsammlungen, Einzelpredigten, Disputationen, Erbauungsschriften etc. belegt.
Das Referat wird sich mit drei exemplarischen Aspekten der frühneuzeitlichen Befassung mit dem Jona-Stoff in der Frühen Neuzeit beschäftigen:
1. mit der alles andere als leicht zu dekodierenden Verarbeitung der Prophetenerzählung in dem berühmten Kürbishütten-Gedicht des Königsberger Professors für Poetik und prägenden Barockdichters Simon Dach,
2. mit dem Altarretabel in der Bugenhagenkirche zu Greifswald-Wieck, dessen Bildprogramm den Jona-Erzählstoff höchst durchdacht integriert,
3. mit der druckgraphischen Repräsentation des Jona-Plots in der komplexen Titelkupferausstattung der 1650 im Verlag der Gebrüder Stern publizierten monumentalen Lutherbibel.
Auf diese Weise rücken drei Ebenen der Kommunikation der Jona-Erzählung in den Fokus - lyrisch-poetisch, liturgisch-gottesdienstlich und druckgraphisch-hermeneutisch.
Das Referat knüpft an Forschungsergebnisse an, die in der u. g. Monographie niedergelegt sind, und führt aufgrund neuer Erkenntnisse über diese hinaus.

Texte: J.A. Steiger: Jonas Propheta. Zur Auslegungs- und Mediengeschichte des Buches Jona bei Martin Luther und im Luthertum der Barockzeit. Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog 2011 (= Doctrina et Pietas Abt. II, Bd. 5). 

Informationen

Programm 2015 (Anmeldeschluss: 15. Februar 2015)

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