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Nachruf für Prof. Dr. theol. habil. em. Bernd Hildebrandt

Foto: Theologische Fakultät

Am 26. Februar 2020 ist Prof. Dr. Bernd Hildebrandt, Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Greifswald, im Alter von 79 Jahren verstorben. Über den langen Zeitraum von fast 30 Jahren stand er mit seiner Persönlichkeit dafür ein, theologische Forschung im akademischen Diskurs mit Fragestellungen aus der kirchlichen Wirklichkeit zu verbinden.

Geboren wurde Bernd Hildebrandt am 6. September 1940 in Frankfurt / Oder. Von da aus führte ihn das Studium der Theologie an die Humboldt-Universität zu Berlin, wo er 1971 mit einer Arbeit über “Das Verständnis des Todes als ‘... der Sünde Sold’ (Römer 6,23) und dessen systematisch-theologische Tragweiten” promovierte. 1977 kam er nach Greifswald; hier habilitierte er sich 1978 über “Das Problem der natürlichen Theologie bei Karl Barth”. Nach dem Tod von Hellmut Bandt übernahm er schrittweise dessen Lehrverpflichtungen, zunächst als Oberassistent, ab 1979 als Hochschuldozent, ab 1983 dann schließlich als Professor für Systemtische Theologie. Zum Ende des Sommersemesters 2005 trat er in den wohlverdienten Ruhestand ein.

Während seiner Lehrtätigkeit an der Theologischen Fakultät Greifswald wirkte Bernd Hildebrandt prägend und begeisterte Generationen künftiger Pastorinnen und Pastoren für die Arbeit der Theologie. Studierende aus dieser Zeit erinnern sich gern, wie sie von ihm mit Herz und Hingabe in die großen Leitbegriffe des christlichen Glaubens eingeführt wurden - und dabei lernten, die fortgesetzten Versuche ideologischer Vereinnahmung durch kritisches Denken zu unterlaufen. Die Umbrüche des Jahres 1989 stellten auch die Theologische Fakultät vor neue Herausforderungen. Im Februar 1990 übernahm Bernd Hildebrandt das Dekanat und trug in dieser Funktion bis 1996 dazu bei, die “Sektion Theologie” wieder zu einer “Theologischen Fakultät” umzugestalten, die frei von staatlichen Restriktionen ihren Beitrag zu Forschung und Lehre in einer sich rasant verändernden Wissenschaftslandschaft zu leisten vermochte.

Stets vertrat Bernd Hildebrandt die Position, dass Theologie und Kirche wechselseitig aufeinander bezogen sind. Diese Überzeugung schlug sich in seinem kirchlichen Engagement sichtbar nieder. Von 1992 bis 2012 war er Mitglied der Kirchenleitung und der Landessynode der Pommerschen Evangelischen Kirche, von 2012 bis 2013 dann auch Mitglied der vorläufigen Kirchenleitung in der Nordkirche. In den Fusionsprozess, der 2012 zur Entstehung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland führte, brachte er unüberhörbar die Stimme der ehemaligen Pommerschen Evangelischen Kirche ein.

Von 1996 bis 2005 fungierte Bernd Hildebrandt als Ephorus des Theologischen Studienhauses zu Greifswald. In dieser Zeit stand vor allem eine grundlegende Sanierung des Hauses an, die er mit Umsicht betrieb. Dabei legte er, wenn nötig, auch selbst Hand an, half bei Entrümpelungen und versah über Silvester den Winterdienst. Dank seiner Initiative erhielt das Haus nicht nur neue Fenster und Duschen, sondern auch eine neue Satzung und ein neues Programm. Nach einem Festvortrag von Eberhard Jüngel zum 100jährigen Bestehen des Hauses 1997 etablierte Bernd Hildebrandt einen regelmäßigen Austausch mit dem Tübinger Stift und gründete einen Förderverein, dem er bis 2009 vorstand. 2007 sorgte er schließlich dafür, das Haus in eine kirchliche Stiftung zu überführen.

Regelmäßig konnten die Studierenden Bernd Hildebrandt, der über viele Jahre Mitglied im Gemeindekirchenrat von St. Marien war und im Chor seiner Gemeinde sang, auch im Gottesdienst antreffen. Sein Haus stand jederzeit offen - für Kolleginnen und Kollegen ebenso wie für die Studierenden. Die Gastfreundschaft im Hause Hildebrandt trug maßgeblich dazu bei, jenseits von Lehrveranstaltungen und Sitzungen an der Theologischen Fakultät auch ein geselliges Leben zu pflegen. Legendär sind die Beiträge, mit denen sich Bernd Hildebrandt an Festivitäten wie dem traditionellen Theologenball beteiligte. Nach 1989 schloss er sich immer wieder studentischen Exkursionen an und bereiste Griechenland, Ägypten und die Türkei.

Zu seinem 65. Geburtstag am 6. September 2005 wurde Bernd Hildebrandt mit einer Festschrift unter dem Titel  “Unerwartete Theologie” (hg. von Tilman Beyrich, Münster 2005) geehrt. Weggefährten, Schüler und Kollegen dokumentierten darin ein Gespräch mit dem Jubilar, das auf die wirklichkeitsverändernde Kraft des Glaubens setzt.

Am 31. Oktober 2014 erhielt Bernd Hildebrandt im Rahmen eines Festgottesdienstes in St. Petri zu Wolgast die Bugenhagenmedaille als die höchste Auszeichnung der Nordkirche - für sein mehr als drei Jahrzehnte währendes ehrenamtliches Engagement auf kirchenleitender und kirchengemeindlicher Ebene.

Bis zuletzt konnte man Bernd Hildebrandt regelmäßig in der Bibliothek oder am Kopierer begegnen. Bei allen Veranstaltungen “seiner” Fakultät, von Gastvorträgen bis hin zu den Sozietäten im Kollegenkreis, war er dabei und brachte sich ein. Er blieb theologisch aktiv, hielt Vorträge und verfolgte die aktuellen Diskurse mit kritischer Aufmerksamkeit. Noch im Wintersemester 2019/20 mischte er sich unter die Studierenden und nahm an der Lektüre griechischer Texte teil. Mit seiner freundlichen und zugewandten Art bleibt er allen, die ihn kannten, in lebendiger Erinnerung. Die Theologische Fakultät bewahrt Bernd Hildebrandt ein dankbares und ehrendes Angedenken.

Die Trauerfeier findet am Freitag, dem 6. März 2020, um 12:00 im Dom St. Nikolai zu Greifswald statt.

Christfried Böttrich (Dekan)


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